Wie wird man zum Verbrecher gemacht?
Von Frank Sacco
Vorwort Müller: Schuldzuweisungen an die Religion sind modern, aber z.Z. muss es die muslimische sein, etwa in Parallelgesellschaften – Das sind die deutschen Treibhäuser des Terrors (DIE WELT 11.2.). Wie soll man dann die Treibhäuser der heimischen Indoktrinierung zum Kaputtsein nennen? Frank Sacco, Doktor der Medizin, spricht von Dysreligion, um die Schädlichkeit aller Religion zu betonen. Er berichtet vom christlichen religiösen Masochismus – man begeht ein Verbrechen, um bestraft zu werden, und von Geistlichen mit ihren Folterandrohungen. "Da waren und sind also intelligentere Menschen am Werk, als Sie und ich es sind, lieber Leser," schließt Sacco sarkastisch – ob das auch in der islamischen Szene so ist?
Wie wird man zum Verbrecher gemacht?
Von Frank Sacco
Neben Krankheitsentwicklungen hängt selbstverständlich auch Delinquenzentstehung mit unserer üblen Dysreligion zusammen. Böses verursacht hier Böses. Ein Kind, das, aus welchen Gründen auch immer, als schwarzes Schaf in der Familie oder in der Schule gilt und kein Geliebtwerden empfindet, wird sich unter den strengen Blicken des Religionslehrers und der Geistlichen schon auf der Warteliste zur Hölle sehen. Es glaubt zu den 50 % der Menschen zu gehören, die nach Kirchengemälden im dortigen Feuer landen. In dieser affektgeladenen Situation wird es Merkmale äußerster seelischer Gestörtheit entwickeln, unzufrieden sein, Minderwertigkeit empfinden und Schuldgefühle zeigen. Es wird vielleicht Impulsen nachgeben, über eine Bandenmitgliedschaft Anerkennung zu finden, sich über Zerstörungswut Ersatzbefriedigung verschaffen und zwecks Aggressionsabfuhr Gewalt- und Pornographiesendungen ansehen.
Da das Unbewusste des Kindes weiß, dass es sowieso in die Hölle kommt, greifen weder familiäre noch kirchliche (10 Gebote) Regulierungsversuche. Alles wird dem Jugendlichen egal, er wird unerziehbar. Es kommt zur Anomie (nach E. Durkheim), also zur Normlosigkeit, als Reaktion auf die „Einsicht“, später doch in einer Hölle endlos, maßlos und zu Unrecht gefoltert zu werden. Eine derartige Maximalfrustration erzeugt, wenn sie nicht zur Depression führt, natürlich maximale Aggression. Nach R. K. Merton kann aber auch das gerade Gegenteil, ein „Rückzug“ erfolgen. Er führt als Beispiel dafür „Autismus“, also die kindliche Schizophrenie an und erweist sich damit fachlich qualifizierter als unsere heutigen Psychiater.
Natürlich sind aber auch das Borderline-Syndrom und die Erwachsenenschizophrenie in den meisten Fällen kirchenbedingt. C. G. Jung schrieb seine Doktorarbeit über die Psychotherapie der Schizophrenie und stuft sie als erlebnisbedingt und damit als Neurose mit Rückzugsverhalten ein. Jung erklärte seinen Kranken die Bibel und musste es wie gesagt „heimlich“ tun, um von seinen Züricher Kollegen nicht als verrückt eingestuft zu werden. Merton führt weiterhin „Landstreicher, Psychopathen, chronische Säufer und Süchtige“ an, die mit ihrem Verhalten eine Leidreduktion zu erreichen trachten. Hierher gehört auch die Adipositas der Kinder und der Erwachsenen mit der Folgeerkrankung Diabetes, psychosomatische Beschwerden und das ADS-Syndrom. Nietzsche und Max Scheler nennen als weitere Reaktionsweise das „Ressentiment“, das Auftreten diffuser „Gefühle von Hass, Neid und Feindseligkeit“.
Der Biologe Prof. M. F. A. Montagu sieht in den meisten Verbrechen eine „Reaktion auf eine beliebige Form des Mangels an persönlicher Sicherheit“, und wer am vehementesten Unsicherheit vermittelt, sind zweifelsfrei unsere Kirchen. Montagu weiter: „Nicht der einzelne bringt ein Verbrechen hervor, sondern die Gesellschaft“. In unserem Fall die Kirchen mit ihrer permanenten Androhung von nicht zu überbietender Maximalgewalt. „Ekklesiogene Neurosen“ durfte man die Folgen dieser Gewalt früher noch nennen. Heute ist dieser Begriff durch Einfluss der Kirchen, die ja oft Träger der Psychiatriekliniken und somit Arbeitgeber unserer Psychiater sind, nicht mehr als offizielle Diagnose erlaubt: Er ist im uns bindenden Diagnoseschlüssel ICD-10 nicht vorhanden.
Es nimmt nicht Wunder, dass nach Forschungsergebnissen Psychotherapie von Gefängnisinsassen im Allgemeinen kaum etwas bewirkt: Die Grundangst der Delinquenten wird von der höllenphobischen Psychiatrie nicht angesprochen. Auch im oben genannten 500-Seiten Buch „Kriminalsoziologie“ habe ich das Wort Hölle nicht entdecken können. Im 19–seitigen Stichwortverzeichnis kommt sie nicht vor. Auch die Soziologie scheint wie unsere Psychiatrie mit der Kirche eheähnlich verheiratet zu sein und sie eifrig, aber völlig zu Unrecht in Schutz zu nehmen. Warum nur dieser Eifer? Die Niedersächsische Justizministerin Antje Niewisch-Lennarzt muss die "Resozialisierung" von 5300 (!) Häftlingen mit drei (!) hauptamtlichen Psychiatern schaffen. 70 % der Häftlinge sind aber psychisch krank (Artikel Die Welt, 2.4.2013). Diese drei sollten umgehend ihren Feigenblattdienst quittieren – im Interesse der Erkrankten. Jeder Häftling ist einer EAT zuzuführen. Delinquenz, das wissen gute Analytiker, ist relativ oft ein religiöser Masochismus. Man begeht ein Verbrechen, um bestraft zu werden, um an der nachfolgenden Strafe zu leiden. Manche Einbrecher lassen daher unbewusst, aber im Grunde absichtlich beim Einbruch in einer sog. Freud’schen Fehlhandlung befangen ihre "Visitenkarte" am Tatort zurück. Das kann eine volle Adresse, ein Bild der Freundin, ein Handschuh, ein bisschen Sperma oder ein Fingerabdruck sein. Jeder gute Polizeibeamte weiß um diese Zusammenhänge.
Der Erziehungswissenschaftler Helmut Fend schreibt im Buch „Sozialisierung und Erziehung“, Beltz Verlag: „Sittliche Normen werden oft durch eine Religion gerechtfertigt und so mit besonderen Sanktionen ausgestattet (z.B. Bestrafung… nach dem Tode).“ Das Wort Hölle habe ich im Buch nicht gefunden. Immerhin: Fend erwähnt, dass Sanktionen zu sozialer Kontrolle führen. Die Formen der Entdeckung (absolute Pflicht zur Beichte), des Urteils (Jüngstes Gericht als Dogma und Glaubensgewissheit) und der Bestrafung (ewige Hölle) sind in der Kirche perfekt formalisiert und institutionalisiert. Die größte Strenge (severity) als Disziplinierungstechnik legen damit unsere Kirchen an den Tag. Ihre Sanktionsgewalt ist mit ihren angedrohten Ewigkeitsstrafen ohne jeden Zweifel die härteste und leider auch die effizienteste Art sozialer Kontrolle. Die meist extreme Kinderängstlichkeit vor körperlichen Schmerzen, insbesondere ausgelöst durch Feuer, nutzen Geistliche erbarmungslos mit ihren Folterandrohungen aus. Da waren und sind also intelligentere Menschen am Werk, als Sie und ich es sind, lieber Leser.
2 Antworten auf Wie wird man zum Verbrecher gemacht? Von Frank Sacco
1. Uwe Lehnert sagt:
16. Februar 2016 um 09:52
Spricht man mit Christen, dann wird das Thema »Hölle« heruntergespielt und als eine »irgendwie überholte« Form der lenkenden Erziehung aus vergangener Zeit dargestellt.
Altbischof Huber meinte in einer Talkshow wörtlich: »Die Hölle gibt es. Aber sie ist leer.« Da frage ich zurück: Hat Gott es sich anders überlegt oder kommt in diesem »Entgegenkommen« nur zum Vorschein, dass das alles theologische Konstruktion war, um Menschen durch Angst zu gehorsamen und demutsvollen Gläubigen zu machen?
Dieses kommentarlose, geradezu skrupellose Fallenlassen einer über zwei Jahrtausende geübten Erpressungspraxis ist von größter Unredlichkeit und Schäbigkeit, vor allem, wenn man sich bewusstmacht, welches unermessliche psychische und physische Unheil in und an Millionen Menschen über die Jahrhunderte angerichtet wurde, und dass sich unter anderem – oder vor allem? – auf Grund dieser von den Menschen bitterernst genommenen Androhung die zahlenmäßige Größe der Kirche erklärt. Es gibt seitens der Kirchen kein Wort des Bedauerns, keine erklärende Entschuldigung.
Was dagegen die katholische Kirche noch heute denkt und verbreitet, kann man dem aktuellen »Katechismus der Katholischen Kirche« entnehmen (2003, korrigierter Nachdruck 2005, Oldenbourg, St. Benno Verlag, Paulusverlag). Beim Katholischen Katechismus handelt es sich um den von Papst Johannes Paul II. und (dem damaligen) Kardinal Ratzinger herausgegebenen verbindlichen(!) Leitfaden des katholischen Glaubens. Dort heißt es auf S. 295 unter dem Stichwort »Hölle« in den Textblöcken 1034 und 1035:
»1034 Jesus spricht öfters von der „Gehenna“ des „unauslöschlichen Feuers“2, die für jene bestimmt ist, die bis zum Ende ihres Lebens sich weigern, zu glauben und sich zu bekehren, und wohin zugleich Seele und Leib ins Verderben geraten können3. Jesus kündigt in ernsten Worten an, daß er „seine Engel aussenden“ wird, die „alle zusammenholen, die andere verführt und Gottes Gesetz übertreten haben, und . . . in den Ofen werfen, in dem das Feuer brennt“ (Mt 13, 41–42), und daß er das Verdammungsurteil sprechen wird: „Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer!“ (Mt 25, 41).
1035 Die Lehre der Kirche sagt, daß es eine Hölle gibt und daß sie ewig dauert. Die Seelen derer, die im Stand der Todsünde sterben, kommen sogleich nach dem Tod in die Unterwelt, wo sie die Qualen der Hölle erleiden, „das ewige Feuer“4. Die schlimmste Pein der Hölle besteht in der ewigen Trennung von Gott, in dem allein der Mensch das Leben und das Glück finden kann, für die er erschaffen worden ist und nach denen er sich sehnt.«
Noch irgendwelche Unklarheiten?