Der Prometheus-Komplex 

 

(masochistische religionsbedingte Depression) von F. Sacco

 

 

 Vorwort Müller: Den Prometheuskomplex gab es schon als Bühnenstück der Studiobühne Erlangen. Der Literatursoziologe Richard Faber betitelte seine "Kritik der Politotheologie" Prometheus-Komplex. Und bei Wiki wünscht sich der Literaturwissenschaftler Harold Bloom, Freud hätte sich statt Ödipus lieber Aischylos vorgenommen und uns statt eines Ödipus-Komplex' einen Prometheus-Komplex beschert. Unser bewährter F. Sacco kann da helfen (Bild: Sacco).

 

 

 

Der Prometheus-Komplex

(masochistische religionsbedingte Depression) 

von F. Sacco

 

Heute ist Premiere. Bei wissenbloggt.de wird sozusagen novellistisch in Analogie zum zuvor von mir interpretierten Ödipus-Komplex der Prometheus-Komplex (nach Sacco) als eine wissenschaftlich-medizinische  Diagnose ins Leben gerufen und in die psychiatrische  Nomenklatur eingebracht. Prometheus leidet unfassbar. Er erleidet, jahrhundertelang angekettet und gefoltert im Kaukasus, einen individuellen Holocaust. Seine „Verfehlung“: Er hatte den Menschen gegen den Willen der Götter das wärmende Feuer gebracht. Ein Schweizer Analytiker schreibt mir sinngemäß, die Geschichte werde in der Regel von Analytikern so  ausgelegt: Die Sünde gegen Zeus bestraft der Gott nach alter Gewohnheit der Götter  superhart. Diese Interpretation ist falsch. Psychiater wollen nichts vom Jenseits verstehen. So liegen sie in ihrer Diagnostik und Therapie psychisch bedingter  Erkrankungen in der Regel falsch.

 

Es ist zu allen Zeiten eine reproduzierbare Entdeckung der Umwelt gewesen, dass Menschen nach vermeintlich begangenen großen Sünden schwer litten.  So leidet auch Prometheus. Sein Leid ist ihm indes nicht von „außen“ geschickt. Denn Zeus und der griechische Götterhimmel waren Erfindungen in finanziellem Eigennutz einer orakelnden Geistlichkeit. Das Leid unseres Helden  ist also selbstgemacht. Wir nennen das Masochismus. Dessen Sinn ist in aller Regel eine Reduktion, ein Abarbeiten von Sündengefühlen und damit eine Reduzierung einer Angst vor Bestrafungen im Jenseits. Es ist ein „Deal“ mit dem Gott der Kindheit, dem damals eingeredeten Gott. Man bietet dem Himmel selbst zugefügtes irdisches Leid im Austausch für jenseitiges an. Was für Luther der Bußgürtel und für Ödipus die  physische Hergabe seiner Sehkraft war, ist für Prometheus die Hergabe seiner irdischen (psychischen) Zufriedenheit. Er gibt seine ihm eigene Fröhlichkeit, ja sein ganzes Glück her im Austausch mit den von ihm erwarteten Strafen im Hades.

Wo aber ist der Kaukasus heute? Die Antwort: Gar nicht so weit. In jeder psychiatrischen Klinik, in jedem Sprechzimmer eines Nervenarztes. Wo ist die Kette des Prometheus heute? Sie ist das Angekettet sein an die schlimmste Erkrankung, die wir Psychotherapeuten kennen: an eine Depression, die man früher, weil man es nicht besser wusste,  „endogen“ nannte.

Wo der Ödipuskomplex als Angstzustand für einen selbstproduzierten, aber an sich religionsbedingten körperlichen Schaden steht, steht der Prometheus-Komplex für einen psychischen Schaden gleicher Ursache. Beiden Komplexen liegt also massive Angst vor Strafen zugrunde. Doch es sind  Strafen, die es nie geben wird. Tot ist bekanntlich tot. Die Idee an ein Überleben nach dem Tod, für so viele ein herzerfrischender Gedanke,  ist abzulehnen als eine in Goldfolie verpackte Praline, ein goldener, aber giftiger Köder, ausgelegt von der Geistlichkeit. Wo steckt das Gift? Die Antwort: Nur Auferstandene können von irgendwelchen „Göttern“ gefoltert werden. Wirklich Tote merken keinen Schmerz. Und schon gar keinen ewigen. Es heißt jetzt, eingedenk so schwerwiegender Erkrankungen,  Abschied nehmen, Abschied von einer leckeren, aber giftigen und für das Volksvermögen sehr teuren Praline.

Eine Antwort auf Der Prometheus-Komplex (masochistische religionsbedingte Depression) von F. Sacco

1. Saco sagt:

27. November 2016 um 11:59

Über die Qual des Prometheus in seiner schweren Depression habe ich mal ein Gedicht gemacht:

 

Depression

 

Verbrennen ohne Feuer

Ertrinken ohne Wasser

Weinen ohne Tränen

Am Kreuz hängen

Und nicht sterben

Vögel, Blumen, Sonne

Und doch nur Qual