Frank Sacco über den Wahn    von Frank Sacco

 

  

Unser Autor Frank Sacco steht seit 30 Jahren mit einem Schweizer Psychoanalytiker im Gedankenaustausch. Jetzt schrieben sich die beiden über ein Symptom: den Wahn. Der kann eine gesellschaftliche Diagnose sein, oder aber eine rein wissenschaftliche. Sacco schließt sich gern Analytikern der Jung-Ära an. Der Angstkranke produziere diesen Wahn, wie auch die Halluzinationen selbst. Beide Symptome seien im Prinzip verstehbar und stellten den Versuch einer Selbstheilung dar. Sacco geht auch auf ein wahnhaftes Wunschdenken seiner psychiatrisch tätigen Kollegen ein, das sowohl für die Klienten als auch für den Arzt eine gefährliche Abkehr von der Realität darstelle (Bild: ArtsyBee, pixabay).

 

Über den Wahn

von Frank Sacco 30.6.16

 

Die „gesellschaftliche“ Diagnose Wahn, so schreibt mir mein Freund, ist nach  einer Literaturstelle ein unhinterfragbarer Glaubenssatz, der nicht von der Allgemeinheit geteilt wird. Unhinterfragbar sind eigentlich nur die Götter. Über deren Existenz bzw. Nichtexistenz kann nie direkt, sondern nur indirekt entschieden werden (s.u.).

Was ist nun aber über den Wahn als „medizinische“ Diagnose zu sagen? Die Dinge sind in diesem wissenschaftlichen Bereich hinterfragbar. Eine unklare Situation kann meist durch Fremdanamnesen, Logik und Tests geklärt werden. Medizinisch zeichnet sich Wahn durch eine Realitätsverkennung aus. Nicht jede Realitätsverkennung ist aber Wahn. Freud lag mit seinem Kernsatz „Religion ist Wahn“ in fataler Weise verkehrt. Er hätte sagen müssen: „Religion ist Glaubensirrtum“. Doch nicht nur das. Religion ist ein Geschäft, was ihr Angstmachen mit jenseitigen Strafen angeht, so Bischof N. Schneider. Heute glauben wir zu wissen: Zeus und sein Götterhimmel waren eine Erfindung der Geistlichkeit im Eigennutz, also eine Lüge. Lehrt eine Mutter ihr Kind, ein Teufel sei im Keller, so glaubt ihr Kind das – auch ohne einen Teufel im  Keller. Das Kind ist also nicht wahnsinnig, sondern nur in einem Glaubensirrtum falschgläubig und sehr ängstlich, ja eventuell auch wahnsinnig  gemacht worden. 

 

Kein Psychiater würde bei diesem Kind Neuroleptika einsetzen. Bei Bedarf würde man es sachlich aufklären und ihm dann den völlig harmlosen Keller vorführen. Auch die christliche Religion, auch die Bibel ist in großen Teilen schlicht Lüge im klerikalen Eigennutz. Hier lassen sich  Beweise führen: Jesus hielt die Juden eben nicht für „Kinder des Teufels“, wie es in Joh. 8,44 steht und als "Belehrung" von Juden in vielen KZs stand. Der Beweis: Er war ja selbst Jude. „Jede Obrigkeit“ ist eben nicht durch Gottes Gnaden eingesetzt (Römer 13). Der Beweis kommt  hier als Frage: War Hitler von Gottes Gnaden eingesetzt? Nun, Hitler glaubt den Satz. Den Befehl aus dem 3. Buch Mose 18 und Lev.18, Homosexuelle seien zu töten, gab Gott nicht. Der indirekte Beweis:  Er ist ja nicht verrückt. Und Jesus war auch nicht, wie meine Kirche behauptet, in Auschwitz. Denn ein Jesus hätte im Rahmen seiner Allmacht und Wunderkraft die dortigen Gräuel verhindert, ja er hätte sie, christliches Verhalten bei ihm vorausgesetzt, verhindern müssen. Jesus ist nicht auferstanden, er wurde auferstanden. Denn ein toter Gott taugt zu nichts, nicht einmal dazu, Kinder mit einer ewigen Feuer-.Hölle zu bedrohen. Der Psalm 23, der Herr sei ein Hirte und einem werde nichts mangeln, ist Reklame billigster Art. Der eindeutige Beweis: In Auschwitz mangelte es ja wohl erheblich: an Gesundheit, Freude, Wohlbefinden und an Nahrung. Es fiel kein Manna vom Himmel. "Gott ist im Urlaub", sagten die Juden. So liefert Auschwitz einen doppelten Beweis: 1. Gott kann nicht helfen. 2. Gott will nicht folternd strafen. Wer anderes glaubt, der dürfte  in einem religiösen Wahn befangen sein. Der benötigt diesen Wahn.

Leicht kann man Psychiater testen, wenn man ihnen berichtet, man hätte gegen den Heiligen Geist gesündigt. Als Folge wird man in Freud’scher Manier ohne Umschweife für paranoid erklärt. Dabei wäre solch ein Kranker nur in einem Glaubensirrtum begriffen. Es gibt ja gar keine Geister und somit auch keinen heiligen. Letzterer ist eine Erfindung der Hochintelligenz für den Fall, dass ihr Gott und ihr Jesus irgendwie ausfallen. Dieses Schicksal traf ja Jesus. Allerdings nur drei Tage. Erst dann besann man sich auf die von den alten Ägyptern (Thema Mumien) übernommene Auferstehungsmöglichkeit. Der zweite Zweck des Geistes: Er sei noch einmal brutaler als seine beiden göttlichen Kollegen: Ohne Gerichtsuntersuchung, ohne "Jüngstes Gericht", kämen seine Sünder direkt in die ewige Feuer-Hölle (Diktion Bischof N. Schneider).

 

Auch an dieser Stelle besteht die Therapie in einer Aufklärung, dass die Folter-Hölle leer und  ein, zugegeben genialer  Reklameeinfall ist – leider mit den bekannten Kollateralschäden.  Der indirekte Beweis: Eine Hölle wäre nach Hürlimann ein KZ. Und kein Gott hat Lust, eines zu betreiben und sich damit in die Fußstapfen eines Hitlers zu begeben. Billiger als fachärztliche Aufklärungsarbeit ist allerdings eine Religionsreform, die den Klerus und ihren "Auferstandenen" endlich auf den Boden der allgemeinen Ethik, der Strafgesetze und des Grundgesetzes bringen würde. Ich habe übrigens nichts gegen einen Auferstehungsglauben, solange sich die vermeintlich Auferstandenen benehmen und nicht Folter in KZs planen. Die Amtskirchen erfüllen mit ihren entsetzlichen Bedrohungen, auch  und gerade Kindern gegenüber, alle Kriterien einer kriminellen Vereinigung, so ein Kriminalbeamter der Terrorabwehr zu mir. Fazit: Ein anderes Gottesbild wird benötigt, eine andere Kirche.

Während der Glaubensirrtum krank machen kann, sehr krank sogar, dient der echte Wahn dagegen, wenn er „endogen“, also nicht durch Halluzinogene etc. hervorgerufen ist, der Beruhigung unserer Nerven. Wahn ist ein Versuch der Selbstheilung. Wir alle, und das wussten und lehrten uns Schopenhauer und Freud, brauchen diesen Beruhigungswahn, um es auf dieser so  unwirtlichen Erde überhaupt aushalten zu können. Freud: Wir alle seien, von Ausnahmen abgesehen, Psychotiker. Wo immer Realität verdrängt wird, wächst die Blume Wahn automatisch und immer heran. Die Schizophrene ist als Mutter Maria bei ihrer Gottangst auf der absolut sicheren Seite. Sich zu retten ist der eigentliche Sinn einer Schizophrenie. Hört ein Schizophrener Stimmen, die ihn beschimpfen und quälen ihn diese Stimmen, so gibt es in seinem Unbewussten etwas, was ihn noch mehr quälen würde, hätte er diesen Wahn nicht. So hören Schizophrene nie, dass Gott sie beschimpft. Freuds Wahn, die Kastrationsangst sei die größte Angst „jedes Knaben“, ersparte ihm ein Bewusstwerden seiner eigenen, tödlichen Angst, seiner Gottangst. Die ließ ihn, wenn sie ihm dann einmal bewusst wurde,  in diverse spektakuläre Ohnmachten fallen, wenn die Sprache auf einen Gottesmord kam.  Freud hatte ja seinen Kindheitsgott Jahwe mit den drei schlichten Worten: "Religion ist Wahn" "getötet". Die Ohnmachten befreiten ihn dann augenblicklich von einer aufkommenden Panik. Freud sagte selbst, das es sich um neurotische, also hysterische Ohnmachten, handelte. Seine (verdrängte) Angst war es auch, die Freud, der sich selbst fälschlich als Atheist einschätzte,  über eine Nikotinsucht letztlich tötete.

 

Wo Freuds  Begriff „Kastrationsangst“ auftaucht, ist er in aller Regel durch den der Gottangst zu ersetzen.

 

Die Hochintelligenz in Kirche / Synagoge definiert nach ihrem Belieben, was alles Sünde zu sein hat. Juden unterliegen 600 Geboten und werden somit mit Sünden und Sündengefühlen zugeschüttet. "Jude sein heißt, an einen Berg von Schuldgefühlen gekettet zu sein", schreibt mir ein befreundeter Psychiater, der es wissen muss. Das Juden-Christentum manipuliert seine Schäfchen am Nasenring: Ich las neulich: Schläft ein Kind mit einem Priester, der sich an dem Kind vergeht, so ist das Kind doppelt sündig: Mit einem Priester dürfe man nicht sexuell und schon gar nicht schwul verkehren. Schafft man wie Freud Jahwe ab oder wird man Atheist oder Agnostiker, so habe man eine höllenwürdige Sünde begangen. Nimmt man in Afrika ein Kondom, ist man sündig und muss zur Beichte. Der Trick: so reguliert man völlig "unpolitisch" (aber zur Freude des Staates) und mit Angst vor jenseitigen Strafen missbrauchte Kinder, Psychiater und ganze Völker. Zu alledem erschleicht man sich über die intelligente Einrichtung Beichte eine ständige Kontrolle auch und gerade über die Intimsphäre, macht aber dieses Sakrament von einer (zahlenden) Mitgliedschaft abhängig. Der gefährlichste Ort für eine katholische Ehefrau ist ihr eigenes Schlafzimmer. Hier lässt der mit immer anwesende katholische Gott nur eine "reservierte Umarmung", aber keinen Orgasmus zu. Ihr Eingang, die Vulva, ist der "Eingang zur Hölle", so des Papst der Sexualität Magnus Hirschfeld. Die von Freud beschriebenen Neurosen von Frauen ranken sich folgerichtig nahezu alle um die Sünde Sexualität. Zu allem Überfluss schreibt man sich als Kirche eine Vergebungsfunktion zu und macht sich damit unabkömmlich: Wie Jesus dürfe man "Sünden" vergeben. Alle oben genannten Sünden haben aber nicht einmal etwas mit Schuld zu tun. Kinder sind per Gesetz sowieso hier "schuldunfähig". Das unterlaufen die Amtskirchen mit ihrem Trick Sünde. Sogar die Schuld einer "Mittäterschaft an der Kreuzigung Jesu" schiebt man jedem Kind, auch jedem jüdischen, in die völlig unschuldigen Schuhe. Man macht sie also gnadenlos zu Mördern am eigenen Gott. Das Sprechen über diese schuldfreien Sünden behält man sich als Kirchenmann aber vor: Der Theologe E. Hausschildt im Beisein der Analytikerin Prof. Leuzinger Bohleber in chrismon 07.2016 sinngemäß: Der Pfarrer redet über Sünde, der Psychiater über Schuld. Doch so kann man keine Psychiatrie machen. Gerade über Sünde, die juristisch-wissenschaftlich selten Schuld, sondern eingeredete Schuld  ist, muss im Arztzimmer gesprochen werden. Ein Psychiater, der das nicht kann oder der es nicht unternimmt, sollte bzw. muss seine Approbation zurückgeben. "Das "transzendentale Denken fehlt" in der Psychiatrie und das der Status solle auch "so bleiben", so die unfassbare Äußerung von Prof. Leuzinger-Bohleber. Die Kirchen haben die ehemals verhasste Psychiatrie aufgekauft und mundtot gemacht. Sie produzieren sich ihre Kranken für ihre psychiatrischen Anstalten (Caritas, Diakonie) selbst und vertuschen in der sog. Krankenhausseelsorge ihre Täterschaft. 

 

Die Psychiatrie ist in dem Wahn befangen, das heute wieder intensivierte Höllenpredigen der Kirchen könne Kinder nicht krank machen – nur „das wirkliche Erleben der Hölle“ könne das (siehe „Berliner Psychiater These“, Internet). Die These erspart ihr 1. offene Konflikte mit ihrem größten Arbeitgeber, den Amtskirchen und 2. den persönlichen Konflikt einer tiefenpsychologisch als „Sünde“ empfundenen Religions- und Gottkritik. Heute kommen von der Kirche krank gemachte wieder „durch alle Ritzen“ (Die Zeit, s.u.). Nach Tilmann Moser sind es Millionen. Sie werden von der Psychiatrie "zum verursachenden Klerus überwiesen“. Demnach müssen Nervenärzte ja wohl von diesen Fällen wissen, denn sie tätigen ja persönlich die Überweisungen. Der Klerus stellt übrigens erschreckende Fehldiagnosen: „Vom Teufel besessen“ seien die von der Psychiatrie geschickten (Die Zeit, s.u.). Hier regt sich kein Widerspruch meiner Kollegen. Damit sind durch eine autistoide Stummheit psychiatrisch auffällig. Die Unkenntnis ihrer Angst bewirkt über Übertragungen die extreme Suizidrate der Nervenärzte. Sie weisen die Symptome der Erkrankungen auf, die zu heilen sie ursprünglich angetreten sind.

Die Berliner Psychiater-These macht uns fassungslos. Sie ist das Resultat einer Denkblockade der Psychiatrie im Religiösen, über die uns Prof. Leuzinger-Bohleber als Nachfolgerin Sigmund Freuds am Frankfurter Institut so offen berichtet (Die Zeit, 31.3.2010). Der gesunde Menschenverstand wird ausgeschaltet. Trotz gegenteiliger Beweise wird am „rettenden“ Wahn, Religion fördere die Heilung und sei nicht im Gegenteil die Ursache psychischer  Erkrankungen,  nahezu kollektiv festgehalten. Intensiv schauen Psychiater weg, wenn ihr größter Arbeitgeber über die Hölle predigt, was er nicht zu oft (das würde auffallen) , aber intensiv unternimmt. Hier kommen Ausschnitte: 

 

Bischof Nikolaus Schneider kündigt als Chef der Ev. Kirchen (EKD) in seinem Buch "Von Erdenherzen und Himmelsschätzen" Kindern ein ewiges "Feuer" Jesu an. Nur gewisse gute Menschen würden "nach dem Richterspruch Jesu nicht dem ewigen Feuer überantwortet", so auf Seite 54. Sein Fehler Nr. 1: Jeder „Richterspruch“ ist nur mit Unterschrift glaubhaft und gültig. Fehler Nr. 2: In einem Interview (Der Spiegel) gibt Schneider zu: Das Predigen jenseitiger Strafen sei ein "Geschäft" der Kirche. Meine Kirche hält sich an die Papstorder: Eisenhart sei man  in der Schrift, doch konziliant in Interviews (Fortiter in re, suaviter in modo). Ich schrieb, da Bedrohung mit zeitlich unbegrenzter Folter in der BRD unwidersprochen ein schweres Delikt ist und sich der Klerus auf einen ungültigen Richterspruch Jesu beruft, eine Strafanzeige. Das „Geschäft“ der EKD ist schmutzig und hat entsetzliche  Folgen. 

 

Auch die "Evangelische Zeitung" (Luth. Verlagshaus) vom 27. 3. 16 erschüttert unsere Kleinen: In den "lutherischen Kirchen" sei heute "unwidersprochen gültig", dass Sünder in die "ewige Hölle" und zur ewigen "Strafe" verdammt werden. 

 

Georg Scharf formuliert im Buch „Frohbotschaft oder Drohbotschaft“ ebenfalls Unglaubliches: Gerade Kleinkindern müsse man darlegen, dass Sünder in der ewigen Hölle "furchtbar leiden werden", denn die Psyche eines solchen Kindes sei "mehr auf den Glauben als auf das Durchschauen angelegt".

Nahe dem KZ Bergen-Belsen wird 2015 das Buch "Wie wird es in der Hölle sein" an Kinder verteilt (Betanien-Verlag und Internet, Partner Erzbistum Paderborn). Sünder würden in der ewigen Hölle froh sein, um jedes "nicht brennende Körperteil!", schreibt Autor Hans-Werner Deppe unseren erschrockenen Kindern. Es sei unter Jesus schlimmer als "unter Hitler". Wie werde es sein, „wenn kein Millimeter  des Körpers für keine Sekunde der Ewigkeit vor dem sengenden Schmerz des Feuers verschont“ sein werde, schreibt Deppe mit einem Ausrufungszeichen.Auch Deppe wurde von mir angezeigt.

 

Das Motiv des Verhaltens unserer Psychiatrie ist eigene verdrängte Existenz- und Gottangst. Ich schrieb eine Zusammenfassung darüber: Die Neurose der Psychiatrie, siehe Internet. Je größer diese Angst ist, je unverständlicher und betonierter muss der dazugehörige Wahn sein, je größer muss der Widerstand gegen eine Analyse des Status quo und jeden ausfallen, der diese Analyse unternimmt. So greift man, um Kritiker durch Diskriminierung oder auch medikamentös (ein gut dokumentierter Casus) auszuschalten, zur vermeintlich rettenden Projektion: Nicht man selbst sei paranoid, sondern der Kritiker. So ist alles wieder in Ordnung. Doch hier ist nichts in Ordnung.