Kinder darf man auch fragen

Wollte man die Sexualtheorie Freuds halten, müsste man dann nicht in Studien tatsächlich Klein- und Schulkinder befragen: „Was sind Hoden? Wo sitzen sie? Was bedeutet es für euch, wenn sie nicht mehr vorhanden wären? Habt ihr Angst, sie oder den Penis irgendwie zu verlieren? Wenn ja: Wie groß ist eure Angst davor? Was meint ihr, auf welche Art und Weise man diese Organe verlieren kann? Fragen öffnen im Gegensatz zum üblichen psychiatrischen Schweigen schnell die Tür zum Unbewussten. Das bekannte und in der Tat gelehrte „Ja, ja, hm, hm“ sollte überdacht werden. Fragen muss man Kindern auch über den leiblichen Vater stellen. Hat man denn Angst vor ihm? Hat man denn Sorge, dass der Vater einem körperlich etwas antun könnte? Will man den gegengeschlechtlichen Elternteil tatsächlich und auch auf allen Ebenen ganz für sich haben? Kann das Verhältnis Vater – Sohn (bzw. Tochter) Anlass geben für irgendeine größere Angst beim Kind? Resultiert eine Angst, die gar ausreicht, ein Kind später in eine Sucht, eine Depression oder gar eine Psychose zu führen?


„Habt ihr Angst vor Gott?“


Ähnliche Fragen muss man kleinen Kindern über die Hölle stellen: Wisst ihr, was das ist, die Hölle? Brennen dort nach eurer Auffassung Feuer? Warum brennen dort Feuer? Glaubt ihr alles, was da in der Bibel steht? Ist das als Gottes Wort denkbar? Ist die Bibel heilig? Haltet ihr die Deckengemälde in Kirchen für wahr? Darf man Bibelworte anzweifeln? Darf man „Gott“ oder dem Geistlichen widersprechen? Habt ihr Angst vor ihnen? Kann die Sintflutgeschichte in ihrer absoluten Grausamkeit wahr sein? Habt ihr beim ersten Hören der Sintflutgeschichte Mitleid mit den ertrunkenen Tieren gehabt? Hat euch dieser Gott zu Tode erschreckt? Hat euch erschreckt, dass er seinen Sohn nicht vom Kreuz rettete? Haben Psychoanalytiker Kindern, Klienten oder sich selbst je derartige oder ähnliche Fragen gestellt?  

 

Die Vertreter der Niedersächsischen Ärztekammer äußerte auf meine Anfrage, ein Holocaust an Juden sei nicht ethisch vertretbar. Das ist ein erster Schritt meiner Kammer in die richtige Richtung. Es gibt natürlich keine „höhere“, uns „Dummen“ unverständliche Ethik des Bibelgottes, die einen Holocaust rechtfertigen könnte. Alles andere ist gefährliche Verdummung von Gläubigen. Es ist aber das, was uns die Kirchen bis heute in Hypnose unter Strafandrohung lehren. Hier wird folternde Maximalgewalt salonfähig gemacht. Auch sei es ethisch nicht vertretbar, Kinder lebendig zu verbrennen, so der Jurist der Ärztekammer. Sodom wäre also ein Verbrechen gewesen, so interpretiere ich ihn. Es war ein Verbrechen. Schließlich wurden alle jüdischen Kindergärten in Sodom verbrannt.

 

O. Pfister sagt uns in „Das Christentum und die Angst“, S. 272: „...durch Aufstellung strenger sittlicher und religiöser Gebote und Verbote, durch Einprägung grauenhafter Schreckensvorstellungen von früher Kindheit an, durch Überleitung des Lebensdranges in zwangsneurotische Bahnen“ schuf die Kirche „Lebensbedingungen, die notwenig neue schwere Angst zur Folge hatten.“ Die gesamte Kirchenmacht sei auf Angst und Amt aufgebaut. Ein neurotisierendes System lebt am Ende von der Neurose wie ein Virus von der Krankheit, so bei Eugen Drewermann, der das Pfister-Zitat anführt. Im Fernsehen kam am 8.6.2011 eine Meldung: Was unschuldige Menschen ins Verderben führe, „ist keine Religion“. Richtig erkannt! „Religionen, die Kindern mit ewiger Verdammnis drohen, sind dreckige Sadistenorganisationen“, war auf einer Parkbank in Hamburg Blankenese zu lesen. Das ist etwas drastisch ausgedrückt, die Parkbank hat aber anscheinend sehr genau gewusst, wovon sie uns berichtet.

 

Sie weiß (wie auch unser Gesetzgeber), wie krank Kinder durch Androhung von Folter werden, die die Würde unserer Kleinen verletzt. Hier müssen unsere Staatsanwaltschaften allerdings noch einmal auf die Schulbank. Die Grundrechte und das Grundgesetz haben schon ihren Sinn. Vielleicht hat unsere Parkbank auch die Neue Kirchenzeitung vom 20.11.2005 gelesen, wo unsere Kinder berichtet bekommen, was Jesus ihnen eventuell zurufen wird: „Weg von mir, ihr Verfluchten, in das ewige Feuer...“. Die Zeitung wertet derartige Feuerstrafe als „Gerechtigkeit“. Sie ist nur ein Beispiel dafür, dass und wie sich die beiden Großkirchen zunehmend fundamentalistisch radikalisieren. „Ohne die Achtung der Würde“, so schreibt der Christ Helmut Schmidt, könne es keinen Frieden geben. Solange die Kirchen die Würde nicht achten, werden sie jetzt keine Ruhe und keinen Frieden mehr haben.

 

Und Schmidt mahnt: „Es ist nicht das Christentum, welches die Demokratie geschaffen hat.“ „Eine entfesselte Freiheit“, so bei Schmidt, und er meint hier wohl auch die Religionsfreiheit, führe „zu Brutalität und Kriminalität“. Er ist, wie auch ich, ein strikter Gegner der üblichen christlichen Mission, in der es um „Macht und egozentrisches Interesse“ gehe (Quelle: „Religion in der Verantwortung“). Sie stehe der menschlichen Würde (Art. 1 GG) und der religiösen Toleranz entgegen. Den Glauben, die schon die Eltern hatten, dürfe man Menschen nicht nehmen.


Unsere Kirchen werden lernen, die Würde ihrer Gläubigen und die Würde Gottes zu achten.


Ist Helmut Schmidt damit ein falscher Prophet, weil er sich Jesu Missionsbefehl widersetzt? Nein! Ein falscher Prophet kommt lt. der Offenbarung des Johannes (NT!) in den „Pfuhl von Feuer“ und wird von Bibel-Jesus gequält werden, „Tag und Nacht, von Ewigkeit zu Ewigkeit“. Hier wird Jesus entwürdigt. Hier soll Maximalangst erzeugt werden, die sich Schmidt aber nicht einreden lässt. Hier soll berechtigte Bibelkritik schon im Ansatz unterbunden werden.

 

Wenn auch das Kleinkind noch nicht alle Bibelstellen kennt, so ist doch die Bibel mitsamt einem Kinderglauben in der Erziehungsperson gespeichert. Der Speicherort im Hirn heißt Über-Ich oder Gewissen. „Gott“ bzw. Vorstellungen von Gott gehen als Über-Ich bei Kontakten Erziehungsperson – Kind verbal und averbal direkt auf das Kind über. Sage da noch jemand, Kleinkinder würden von Glauben nichts verstehen, würden nichts begreifen, oder nicht wissen, wie (grausam) „Gott“ ist. Das bekommt so ein Kind schon in die Wiege gelegt, ob die Mutter es will oder nicht. Zudem werden religiöse Schuldgedanken illegal „bis ins siebte Glied“, bis in die siebte Generation übermittelt und mit ihnen ist man lebenslang gestraft. Sieben Generationen brauchen pathologische Gott-Ich-Gedanken, um aus der Generationsfolge zu verschwinden. Das steht schon in etwa so in der Bibel. Erst dann ist auch eine Atheistenfamilie vollständig atheistisch. Darum hat der angebliche Gotteslästerer Dostojewski auch keinen Ungläubigen getroffen. Im Grunde sollte jeder „Atheist“ auch selbst um seine Religionsreste wissen, sonst begibt er sich in eine erhebliche Gefahr.

 

Die Gottangst unserer Psychiatrie >