"Liebster Vater", Rezension Kafkas "Brief an den Vater"      von 2020


„Liebster Vater“         Rezension Kafka „Brief an den Vater“

     

 von Frank Sacco      alias Dr. Rolf Reitis

 

Zunächst meinte ich, Franz Kafkas "Brief an den Vater" sei ein Stück Literatur. Es sei wiederum die Kreation einer Geschichte. Zwar sei sie es mit autobiografischen Zügen, wie auch weitere Werke des Dichters, doch sie sei  nicht wirklich überall wahr. Zu überzeichnet wirkt die Figur des Vaters, zu irreal, um real sein zu können. Doch dann kamen mir Zweifel. Der Stil des Textes weicht von dem ab, was man von Kafkas Literatur  kennt. Letzte Zweifel an einer reinen Autobiographie machen Gewissheit Platz, wenn man den Namen des Vaters „Hermann“ liest und explizit von der „Kafka´schen Kraft“ des Vaters die Rede ist. Es ist die Familiengeschichte Kafkas. Wir lernen seine Geschwister kennen.

Den Brief an den Vater soll Kafka nie abgeschickt haben. Er ist eine Anklage an das „Wesen“ des Vaters, nicht eine solche an den Vater „selbst“. Für sein Wesen könne man nichts, so Kafka beschwichtigend.  Doch kann man alle Menschen für unschuldig erklären, da ja alle ein Wesen haben? War Hitler unschuldig, da im Wesen nun einmal sadistisch? Nun, es gibt sie tatsächlich: die Unschuld von Personen, die große Verbrechen begehen. Die sind dann ärztlich für „nicht zurechnungsfähig“ erklärt. Nebenbei: Krank war Hitler allemal. Homosexuell war er mit dem Juden Maurice verbunden, seinem Chauffeur. Hitler machte ihn zum „Ehren-Arier“. Wer Jude sei, bestimme er, Hitler.  Mit seiner Nichte Geli Raubal soll Hitler auf ganz merkwürdige und kranke  Weise sexuell verkehrt haben. Am 18. September 1931 starb Geli durch einem Schuss in den Unterleib. Maurice, dem die Schusswaffe  gehörte, wurde des Mordes verdächtigt. Er soll eine Liebesbeziehung auch mit ihr unterhalten haben. Gerüchteweise soll Hitler Geli in Eifersucht  ermordet haben. Die Geschichte wurde dann als „Suizid“ hingestellt. Doch zu dem Behelf nehmen Frauen in der Regel eher Tabletten. Und schießen sich nicht in die eigene Vagina. Die bayrische Politik soll anderes mit Hitler vorgehabt haben, als ihn einzusperren. Die Story fand ich  als „Hitlers erster Mord“ ins Netz.

 

Doch zurück zu Kafka: Der Vater war ein ausgesprochener Tyrann. In allem (!) ließ er nur seine Meinung gelten. Was immer der Sohn Franz auch unternahm, wurde als schlecht bezeichnet. Der Vater ging in seiner Erziehung bis zur Androhung der Sohnes-Tötung. Kafka: „Das Schimpfen verstärktest Du mit Drohen und das galt nun auch schon mir. Schrecklich war mir z. B. dieses: "ich zerreiße Dich wie einen Fisch.“ Als kleines Kind, so Kafka, habe er das für bare Münze genommen.  Menschen verglich Vater Hermann mit Ungeziefer:  „Ohne ihn (den jiddischen Schauspieler Löwy, der Verf.) zu kennen, verglichst Du ihn in einer schrecklichen Weise, die ich schon vergessen habe, mit Ungeziefer und wie so oft für Leute, die mir lieb waren, hattest Du automatisch das Sprichwort von den Hunden und Flöhen bei der Hand“, so Kafka im Brief. Zum Söhnchen Franz sagte sein Vater: "Du bist ein großes Schwein". Doch das war, analytisch gesehen, eine Projektion. Hier die Schilderung: 

„Da ich als Kind hauptsächlich beim Essen mit Dir beisammen war, war Dein Unterricht zum großen Teil Unterricht im richtigen Benehmen bei Tisch. Was auf den Tisch kam, musste aufgegessen, über die Güte des Essens durfte nicht gesprochen werden - Du aber fandst das Essen oft ungenießbar, nanntest es "das Fressen", das "Vieh" (die Köchin) hatte es verdorben. Weil Du entsprechend Deinem kräftigen Hunger und Deiner besonderen Vorliebe alles schnell, heiß und in großen Bissen gegessen hast, musste sich das Kind beeilen, düstere Stille war bei Tisch, unterbrochen von Ermahnungen: "zuerst  iss, dann sprich" oder "schneller, schneller, schneller" oder "siehst Du, ich habe schon längst aufgegessen." Knochen durfte man nicht zerbeißen, Du ja.“ Und weiter: „Bei Tisch durfte man sich nur mit Essen beschäftigen, Du aber putztest und schnittest Dir die Nägel, spitztest Bleistifte, reinigtest mit dem Zahnstocher die Ohren. Bitte, Vater, verstehe mich recht, das wären an sich vollständig unbedeutende Einzelheiten gewesen, niederdrückend wurden sie für mich erst dadurch, dass Du, der für mich so ungeheuer maßgebende Mensch, Dich selbst an die Gebote nicht hieltest, die Du mir auflegtest.“ 

 

Letzteres kommt uns bekannt vor. Es erinnert uns an die Tyrannen überhaupt und an die größten Tyrannen dieser Erde, die Götter. Die geben Gebote heraus, ohne sich an sie zu halten. Das Gebot „Du sollst nicht töten“ gilt weder für den kinderlosen Jahwe noch für sein christliches Pendent, der in Ablehnung eigener sexueller Betätigung die fleck- und lustlose Kindszeugung seinem Geist überließ. Beide legen als Lehrmeister eines Hitlers mit der Sintflut den ersten Holocaust an Juden hin. Beide machen beliebig aus ihrem Verbot der Tötung ein Gebot: Schwule muss man töten und Ehebrecherinnen sind zu steinigen. Zum Glück, das wissen wir von Zeus und Jupiter, sind solche Götter nur  ausgedacht. Von „Schweinen“. Juden wie Christen sind gut beraten, einen Glauben, in dem ein Holocaust vor Kindern (!) als gerechte Tat gepredigt wird, über Einstellung von Zahlungen boykottieren, um nicht selbst als moderne Nazis zu gelten. Nach jüdischer Definition sind das diejenigen, die im Heute das „absolut Böse“ anbeten bzw. tolerieren.  Ein Geistlicher, der den ihm anvertrauten Kindern heute die Herrlichkeit eines Holocaustveranstalters lehrt, macht sich nach § 131 StGB strafbar. Das versuche ich ihnen und den Staatsanwälten über Strafanzeigen beizubringen. Das sollte Schule machen. 

 

So wird der vom Vater verängstigte, ewig bevormundete und erniedrigte Kafka zum Stotterer. Ja er wird zum Autist.  Autist sein ist entgegen der Lehrmeinung keine Krankheit, es ist ein Symptom. Kafka: „Du sagtest: „Kein Wort der Widerrede!" und wolltest damit die Dir unangenehmen Gegenkräfte in mir zum Schweigen bringen, diese Einwirkung war aber für mich zu stark, ich war zu folgsam, ich verstummte gänzlich, verkroch mich vor Dir…“ 

Eine Angstkrankheit ist es, die Kafka zum Autist macht. Es ist die Angst vor dem „Zerrissen werden“ oder gar einem Gehenkt werden: „Es ist auch wahr, dass Du mich kaum einmal wirklich geschlagen hast. Aber das Schreien, das Rotwerden Deines Gesichts, das eilige Losmachen der Hosenträger, ihr Bereitliegen auf der Stuhllehne war für mich fast ärger. Es ist, wie wenn einer gehenkt werden soll. Wird er wirklich gehenkt, dann ist er tot und es ist alles vorüber. Wenn er aber alle Vorbereitungen zum Gehenkt werden miterleben muss und erst wenn ihm die Schlinge vor dem Gesicht hängt, von seiner Begnadigung erfährt, so kann er sein Leben lang daran zu leiden haben. Überdies sammelte sich aus diesen vielen Malen, wo ich Deiner deutlich gezeigten Meinung nach Prügel verdient hätte, ihnen aber aus Deiner Gnade noch knapp entgangen war, wieder nur ein großes Schuldbewusstsein an. Von allen Seiten her kam ich in Deine Schuld.“

 

Über das Judentum wird diese Schuld in Sünde überhöht. Mit der priesterlichen Erfindung Sünde regiert der Klerus, so Nietzsche. Sündig musste und sollte sich das Kind Kafka fühlen: „Als Kind machte ich mir, in Übereinstimmung mit Dir Vorwürfe deshalb, weil ich nicht genügend in Tempel ging, nicht fastete usw. Ich glaubte nicht mir, sondern Dir ein Unrecht damit zu tun und Schuldbewusstsein, das ja immer bereit war, durchlief mich.“ Und: „Übrigens habe ich dort auch viel Furcht gehabt, nicht nur wie selbstverständlich vor den vielen Leuten, mit denen man in nähere Berührung kam, sondern auch deshalb, weil Du einmal nebenbei erwähntest, dass auch ich zur Thora aufgerufen werden könne. Davor zitterte ich jahrelang.“ Die Aufrufung ist die öffentliche Prüfung des Rabbiners, ob man dieses Buch, nach Friedrich dem Großen ein „orientalisches Märchenbuch“, auch „auswendig“ kennt. Die Haredim zittern sogar lebenslang vor Gott.

 

Nun zu Kafkas Sacco-Syndrom (https://www.frank-sacco.de/diverse-kleine-artikel-im-einzelnen/thema-psychoanalysen/kafka-eine-psychoanalyse/:). In berechnender und übler Weise sorgt das Judenchristentum dafür, dass der Vater eine „stellvertretende Gottesfunktion“ annimmt. Er wird in der Sicht des Kindes zu einer Art „Gott“, dem eigentlichen Über-Ich.  Das Vatergebot ist „Himmelsgebot“. Hält der Vater seinen Sohn für „ungeraten“, „soll“ er den angeblichen Jahwe - Befehl, den Thorabefehl der Steinigung des Sohnes ausführen lassen. Jahwe hat es ja selber gesagt. Jahwe hat die Tötung ja selber vorgeschrieben. Nichts hat Jahwe vorgeschrieben. Die Tötung des Sohnes ist ein einfacher Mord am Sohn. Auf Märchenbücher darf man sich als Rächer am Sohn nicht berufen. Der Himmel ist leer. Die wirklichen Götter wohnen woanders.

 

Doch hören wir Kafka dazu: 

„Für mich als Kind war aber alles, was Du mir zuriefst, geradezu Himmelsgebot, ich vergaß es nie, es blieb mir das wichtigste Mittel zur Beurteilung der Welt… Übrigens war Deine negative Hochschätzung meines neuen Judentums sehr übertrieben; erstens trug es ja Deinen Fluch in sich und zweitens war für seine Entwicklung das grundsätzliche Verhältnis zu den Mitmenschen entscheidend, in meinem Fall also tödlich.“  Mit einer „negativen Hochschätzung“ ist die reine Ablehnung gemeint. Der Vater verfluchte also Kafkas „neues Judentum“, das eine neue Religion bedeutet haben muss. Vermutlich war sie im Gegensatz zum „alten“ ein menschenwürdiges, nicht fundamentalistisches Judentum. Hier erweist sich Kafka als Religionsstifter, der sich damit jedoch den Fluch des Vaters zuzieht. In Kafkas „Das Urteil“ verurteilt der Vater seinen Sohn Gregor in einem Fluch zum Tod durch Ertrinken. Gregor nimmt die Ausführung des „Gottesurteils“ masochistisch selbst in die Hand. Er springt. Auch Kafka stand einmal  sprungbereit am Fenster…

 

Dann beschwichtigt Kafka die Schweinereien seines Vaters, wie jeder Gläubige ja auch die Schweinereien seines Gottes kleinredet: Vater- und Gottkritik: Beides geht im strengen Judentum nicht. Mit „Liebster Vater“ beginnt daher die Klage des Sohnes. „Du kannst ein Kind nur so behandeln, wie Du eben selbst geschaffen bist, mit Kraft, Lärm und Jähzorn und in diesem Fall schien Dir das auch noch überdies deshalb sehr gut geeignet, weil Du einen kräftigen mutigen Jungen in mir aufziehen wolltest.“ Mit einem schlichten „Franz“ lässt er Brief zu Ende gehen. Kafkas tägliche Traumatisierungen  bewirkten eine Essstörung. Die Tuberkulose war als psychosomatische Erkrankung eine Folge der Kafka’schen Magerkeit. Die Tuberkulose war seine Todesursache. Getötet hat ihn sein Vater.