Frank Sacco, Autor des Buches                                       "Wenn Glaube krank macht", BoD, 404 Seiten, 12,99 €


Die moderne Deutung der Ödipus Sage.                           Der Ödipuskomplex


Dem Ödipuskomplex liegt nicht, wie Freud annahm, ein Vater-Sohn-Konflikt, sondern ein Gläubiger-Gott-Konflikt zugrunde - und damit ein klassisches Sacco-Syndrom mit einer Angst vor jenseitigen Strafen. Ödipus fürchtete nach eigener Aussage die Strafe der Götter wegen Tötung des Vaters und Inzestes mit seiner Mutter. Er fürchtete nicht, wie Freud annahm, seinen Vater oder gar die Kastration durch seinen Vater. Denn der Vater war ja längst gestorben. Wenn wir in die Originalarbeit des Sophokles schauen ("König Ödipus"), wird uns der Gott-Gläubiger Konflikt deutlich: Der Chor singt: "Du Voreiliger. Wie konntest du dein Augenlicht so grimm verlöschen! Welcher Gott verstörte Dich?" Darauf Ödipus: "Nun bin ich gottverhasst, einer Befleckten Sohn"... "Bin ich doch ganz verhasst den Göttern." Also noch einmal: Hier geht es nicht um Kastrationsangst, sondern um Höllenangst. Freud ist an dieser immens wichtigen Stelle widerlegt.

 

Die Ödipusgeschichte muss man also ganz anders deuten als Freud, speziell wenn man weiß, dass der Erfinder der Psychoanalyse seine religiösen Konflikte ein großer Not auf die sexuelle Ebene verschob. Er flehte C.G. Jung an, aus seiner Sexualtheorie ein "Dogma" zu machen gegen eine "schwarze Schlammflut", womit er das religiös-okkulte meinte. Dogmen errichtet man aus Angst und Schwäche. So kommt das Wort Hölle  bei Freud  kaum vor. Hatte er Angst vor ihr?  Ja. Er hatte, bireligiös (jüdisch und katholisch) erzogen,  mit seinem Satz  "Religion ist Wahn" immerhin seine vier Kindheitgsgötter "umgebracht": Jahwe, Gott, Jesu und den Heiligen Geist.  So fiel Freud immer dann ihn Ohnmacht, wenn die Sprache auf einen Mord an Göttern kam. Andere Morde ließen Freuds Unbewusstes kalt. Auch über Kastration konnte Freud stundenlang debattieren, ganz ohne dass sich Anzeichen einer Hysterie aufzeigten.  Der "Mord am eigenen Kindheits-Gott" war Freuds Trauma und er ist als klassische Übertragung auch das Trauma der heutigen Psychiatrie. Diese seine Angst brachte Freud eine Nikotinsucht ein, an deren Komplikationen er letztlich verstarb. Als Christ hatte Nietzsche ja mit dem Satz "Gott ist tot" nur drei Götter umgebracht. Und kaum war es geschehen, ging er hinein in eine zehnjährige Schizophrenie, die sich mit Halluzinationen seit dem 24. Lebensjahr schon ankündigte. Es ist halt ein Tabu, seine Kindheitsgötter umzubringen - und wenn auch nur mit einem kleinen Satz.

 

Nahezu immer wenn es bei Freud um "Kastrationsangst " geht, geht es also in Wirklichkeit um Gottangst bzw. Höllenangst, die kein geringerer als Karl Jaspers als die größte Menschenangst identifizierte.  Er selbst und wohl auch noch kein Psychiater kamen darauf,  warum Freud Gottangst haben könnte. C. G. Jung und viele Nachfolger ahnten: Im Sexuellen waren Spannungen für ihn in der Tat viel besser auszuhalten als im "Morast" der "Schlammflut" des Glaubens.

 

Der stärkste menschliche Trieb ist nicht  der Sexual-, der Todes- oder der Aggressionstrieb. Auch hier lag Freud falsch.  Es ist  der zur Vermeidung von Folter bzw. übergroßem Leid vorhandene Leidvermeidungstrieb. Wenn wir Folter vermeiden können, hören wir sogar augenblicklich mit den schönsten sexuellen Handlungen auf. Der Mensch ist ein Angsttier ohne Beispiel. Kein Wesen außer ihm begreift, dass es jahrelange Qual zu Lebzeiten erleiden kann, bzw. sogar eine - wie es die Kirchen bis heute in grausamer Art lehren - ewige Folterstrafe mittels Feuer (so Bischof Schneider, EKD Hannover, Strafanzeige wegen Kindesmisshandlung wurde gestellt). Nur dadurch erscheint der Mensch so schlecht, schlechter als jedes Tier. Seine Angst ist es, die ihn derartig grausam macht. Die Folter ist des Menschen eigentliche und furchtbare Wahrheit. Die täglich im TV auf Wunsch der Zuschauer (Einschaltquote) gezeigten  Folterzustände sind analytisch gesehen einfache Traumatherapie. Denn da passiert Folter in nicht persönlich bedrohlicher Atmosphäre. Man sitzt beim Wein im Ohrensessel während Til Schweiger in den ersten 3 Minuten 3 Bösewichte mehr oder weniger schlachtet.

 

Aus der eigentlichen Wahrheit  des Menschen ergibt sich für uns alle die absolute Notwendigkeit, Folter in jeder Form entgegenzutreten. Auch die Androhung von Folter ist bereits Folter und verträgt sich nicht mit Art. 1 GG  (Würde). Das hat der gemäßigte Bischof Zollitsch im Gegensatz zu Schneider  wohl erkannt, wenn  er äußerte, die katholische Kirche wolle "die Hölle nicht mehr thematisieren". Es brodelt  also in den Kirchen. Es herrscht hinter den verschlossenen Türen revolutionäre Uneinigkeit. Und leider hilft es nicht, eine Hölle nicht zu thematisieren, wenn sie im Hintergrund Dogma der Kirche ist und bleibt. Gerade dann muss sie als krankmachender, und damit  juristisch illegaler  Faktor thematisiert werden.

 

Freud war der Meinung, ein nicht ausgelebter Trieb führe zu Angst. Dabei ist es Gottangst, die dazu führt, dass man dem sündigen Trieb nicht nachgibt. Es führt also Höllenangst zur Triebabstinenz und damit zu beruhigender Sündenfreiheit. Nahezu jede Art von Sex ist im Katholizismus zu beichtende Sünde. Nur Maria gilt auf sexuellem Gebiet als sündenfrei, da kein Penis ihre Vagina beschmutzte und kein Kind aus ihrer so schmutzigen Vagina herauskam. Jesus musste, so die Mariologen,  auf einem Lichtstrahl zur Welt kommen, damit Maria rein und mit intaktem Hymen blieb: Die reine Magd.

Auch männlicher Fetischismus und männliche Homosexualität resultieren nach Freud durch ein "Grausen", wie er schreibt, vor der weiblichen Körperöffnung. Das hat Freud gut beobachtet; besser als heutige Psychiater, die Homosexualität als angeboren deuten wollen. Freud meinte nur fehlerhaft, das Grausen, der Ekel, resultiere nicht durch die von mir mehrfach beschriebene bekannte Verteufelung und Verhöllung der Vagina durch unsere Religion und ihre fanatischen Verbreiter, sondern durch das Fehlen eines Penis bei der Frau.  Die Penislosigkeit des Weibes sei ein Riesenschock und  sitze so tief, dass man homosexuell oder sonst paraphil  werde und lebenslang Ekel vor dem Unterleib einer Frau empfinde. Nun ja, man darf nicht alles glauben, was von Freud kommt. Ich hätte mich geekelt, wenn die kleine Lisa (eine Engländerin), mit der ich mit 4 im Schlafzimmerschrank herumgespielt habe, plötzlich einen Penis gehabt hätte. Dann wäre ich vor Schreck wahrscheinlich lesbisch geworden, lebenslang versteht sich. Und das Leben als Lesbe hätte mir wahrscheinlich  gefallen, sehr sogar. 

 

Hier kommt nun meine Deutung der Ödipussage: Den Vater tötete Ödipus (ohne ihn als Vater zu erkennen) in einer Auseinandersetzung nach einem Verkehrsunfall. Ödipus fasste es als  Notwehr auf, hatte  der Vater ihn doch mit einem "doppelten Stachelstab" auf den Kopf geschlagen. Alles also halb so schlimm. Ödipus sagt seinem Schwager, er habe Vatertötung und Inzest "nicht willentlich" verschuldet. Wie dürfe man tadeln "ungewollt Getanes". Doch eines der über zehn angeblich göttlichen, aber natürlich mensch-erdachten  Gebote bei den alten Griechen lautete: Du darfst deinen Vater nicht töten, einerlei, was er dir angetan hat. So konnte ein Vater alles mit dem Sohn anstellen und sich als dar größte Sadist herausstellen, und doch wissen: Wenn ich einst wehrloser Greis bin, bin ich vor diesem Sohn, den ich töten ließ,  in Sicherheit. Hier sehen wir sehr schön, dass "göttliche" Gebote vom Establishment erdacht werden, um dieses zu schützen. Im Christentum ist das nicht anders: Auch Mose, ein bekannter und anerkannter Schwerverbrecher, Lügner und Massenmörder, hat seine Gebote nicht etwa von Gott bekommen. Sonst hätte das betreffende Gebot gelautet: "Du sollst Vater und Mutter ehren, wie auch die Eltern ihre Kinder ehren sollen".

War nun Laios, der Vater des Ödipus, ein elterlicher Sadist bzw. ein Verbrecher am Kind? Ja. Ödipus heißt übersetzt Schwellfuß. Seine Füße schmerzten und waren lebenslang geschwollen. Laios hatte sie bei seinem Sohn Ödipus durchbohrt, mit Stricken zusammengebunden. Er ordnete an, das Kleinkind solle in diesem Zustand von den Tieren des Waldes lebendig gefressen werden. Wenn man so will, war es, vor allen Dingen in damaliger Zeit also nur rechtens, dass Ödipus seinen Vater tötete. Genau genommen töteter nicht einmal seien Vater in  Tötungsabsicht, denn dieser fiel nach einem Gemenge mit seinem Sohn von der Kutsche und kam so unglücklich auf, dass er starb. Hier geht es also nicht um Mord, sondern allenfalls um Körperverletzung mit Todesfolge. Wir lernen jetzt: Gebote sind nicht von irgendeinem Gott. Sie sind von den Mächtigen ersonnen  - und leider  in deren Eigennutz. "Du sollst nicht töten." Dieses von Mose ersonnene Gebot meinte: Du sollst mich, Mose nicht töten. Denn gleich nach Verfassung dieses Gebotes fing er als Massenmörder  sein Schlachten an. Religion ist über ihre Gebote eine Aussendienststelle der herrschenden Klasse. Die Gebote stammen nicht von einem Gott. Dafür sind sie zu perfekt im Sinn der Regierenden ausgerichtet. Gott ist für die Armen.

 

Viel tiefgreifender war der spätere unwissentliche Inzest mit Iokaste. Wie sich danach herausstellte, war die Mutter seiner Kinder seine eigene Mutter. Sophokles versucht in „König Ödipus“ diesen noch zu beruhigen: „Macht Euch keine Sorgen wegen der Heirat mit der Mutter“! Aber Inzest ist im Grunde - wie auch Vatermord - kein sexualwissenschaftliches Problem, sondern ein religiöses Tabu, und eines der größten überhaupt! Das machte Sorgen, das machte Schuldgefühle, das trieb Ödipus in seinen religiösen Masochismus: Er brannte sich beide Augen aus. Um nicht in die unangenehme göttliche Folterkammer Hades zu müssen, wollte er hier auf Erden leiden und Zeus zeigen: Ich, Ödipus, leide. Ich leide wie Prometheus. Sogar von der Hölle wird in der Sage gesprochen: "So geh zum Hades!"  ruft Kreon Antigone zu. Die hat die Neigung zum Masochismus von ihrem Vater übernommen und sagt: "Wie innig hingen wir am Leiden". Sie erhängt sich schließlich mit ihrem Schleier. Ödipus wollte nicht in aller Seelenruhe das Urteil seines Gottes abwarten, er wollte sein finales Schicksal, das Gottesurteil über ihn mit seinem Opfer beeinflussen. Derartige Mechanismen gibt es heute unverändert. Man bietet seinem Gott als eine Art Deal eine Eigenstrafe als Ersatz zur ewigen Höllenstrafe an in der Hoffnung, dass er sich mit diesem Opfer schon zufrieden geben wird. Heute lässt man das mit dem Brennen, heute geht man z. B. in eine  endogene Depression und weiß nicht warum. Psychotherapeuten sprechen von einer Verschiebung der Symptomatik. Es ist das das Gefährliche bei der Verhaltenstherapie: Wird nur das zur Rettung gebrauchte Symptom "wegtherapiert", taucht es in veränderter Form woanders und evtl. virulenter wieder auf. Statt also ein Verhalten zu verändern, sollten wir die Ursache einer psychischen Störung aufdecken, statt einer zudeckenden eine aufdeckende Therapie betreiben. Das kann die heutige Psychiatrie natürlich nicht, da sie nach eigener Angabe nicht "transzendental denkt". Sie hat Angst, dort zu denken. Also gut, dass sie mich hat. Freud hatte Angst vor der "schwarzen Schlammflut" des Occulten. So verbannte er alles  Religöse aus den Analysen. 

 

Der endogen Depressive opfert Gott seine seelische Gesundheit. Er will leiden, weiß aber nicht um die innerpsychischen Zusammenhänge. Und seine Psychiater kennen die Zusammenhänge ebenfalls nicht. Ödipus hatte also eine religiöse Neurose, ein Sacco-Syndrom. Er hatte wie Freud  kein Elternproblem sondern ein Gottproblem, ein Höllenproblem. Als Kind hatten ihm (wie auch uns) Geistliche Inzest als ein religiöses Tabu eingeredet. Und seiner Ehefrau Iokaste ebenfalls. Die erhängte sich sogar. So etwas ist ein religiös begründeter Selbstmord, von dem es auch heute unverändert viele gibt und an denen unsere Kirchen die volle Verantwortung tragen. „Ein Tabu rächt sich selbst“, sagte Freud, und er irrte damit - wie so oft. Kafkas Protagonisten neigen auch zur masochistischen Selbsttötung und zu "selbstproduzierten" Depressionen, siehe unter Kafka. 

 

Der Tabubrecher (in diesem Fall besteht das "Zeus"-Tabu in sexueller Handlung mit der nicht als Mutter erkannten Frau Mamma) wird nur nahezu automatisch und unbewusst zum Masochisten an seinem Leib oder seiner Seele, und das auch nur, wenn er um seinen Tabubruch weiß. Bevor sie darum wussten, waren Ödipus und Iokaste ein glückliches Ehepaar. Freud las zwar die Ödipusgeschichte, doch er konnte und wollte deren Inhalt nicht aufnehmen oder gar begreifen. Was das Unbewusste nicht will, lässt der Verstand nicht zu. Die Rache-Göttinnen sind es ja selbst, die Ödipus letztlich aufnehmen in ihren Hain. Sie sind nach der Sage durch das Opfer des Ödipus "versöhnt". Ödipus ruft es aus: " Erhabene..., zeigt euch versönlich mit mir". "Die Götter sind versöhnt", schreibt Heinz Politzer in "Ödipus auf Kolonos". Politzer ist Schriftsteller und kann daher soweit denken. Es scheint, er beherrscht das transzendentale Denken. 

 

Von selbst, wie Freud annahm,  rächt sich ein Tabu also nicht. Der Erkrankte ist es selbst, der seinen Tabubruch rächt. In der Freud-schen Fassung der Ödipussage kommt das Wort Hölle nicht vor. Der Dichter hat sie ebenso verdrängt, wie Erwachsene es in unserer Gesellschaft tun. Dabei wird sie uns 15 Jahre lang ab der frühesten Kindheit beigebracht und wird (auf diesem Wege in die tiefsten Schichten des Unbewussten aktiv  verdrängt) zu einer „Gewissheit“, zur Glaubensgewissheit bzw. gar „Glaubenswahrheit“. Dies ist das Ziel unserer Kirchen und natürlich erreichen sie dieses Ziel auch.

 

15 Jahre Gehirnwäsche in der Adoleszenz und  in der Suggestivsituation „Gottesdienst“ zeigen selbstverständlich Wirkung

 

und es ist uns zunächst völlig unverständlich, warum die „moderne Psychiatrie“ eine derartige Auswirkung nicht sehen will. Höllenangst „kennt“ sie in aller Regel nicht, obgleich sie ja ein Produkt des Über-Ichs ist und die eigentliche Angst ihrer Klienten. Sie lässt diese Angst weder als Diagnose noch als  Symptom zu. Spezielle Fortbildungen darüber gibt es anscheinend nicht. Wir haben uns erkundigt. Entsprechende Unterrichtseinheiten habe ich  der Psychiatrie angeboten. Man will sie nicht. Einen Arzt, der sich mit dieser Angst beschäftigt und diese Angst seinen Patienten erklärt und damit nimmt, erklärte man gar für „paranoid psychotisch“, also für schizophren. Ja man sagt ihm unter Androhung des Approbationsverlustes, also seiner Arbeitserlaubnis, man dürfe sich als Arzt über Religion und damit über die größte  Angst  nicht mit Patienten unterhalten. Das könne Patienten "beeinflussen". Was ist also mit dieser Psychiatrie los? Wir wissen es jetzt. Um keine religösen eigenen Ängst aufkommen zu lassen, meidet man das Thema "wie die Pest". Wer die Pst mit Erfolg meidet, bekommt sie nicht. Unsere Psychiatrie ist krank. Aber darüber später im Buch "Die Neurose der Psychiatrie".

 

Mein Gott, der die Liebe ist, denkt übrigens viel lockerer über Inzest. Es entsteht ja kein großer Schaden. Ganz im Gegenteil: Vier gesunde und zunächst fröhliche Kinder des Ödipus kommen so zustande: Polyneikis, Eteokles, Ismene und sogar Antigone. Erst ein verrückter Glaube macht sie zu Dreiviertelwaisen mit einer toten Mutter und einem blinden Papa. Beim pädophilen priesterlichen Missbrauch, der die Welt jetzt erschüttert, runzelt Gott dagegen schon eher die Stirn. Den mag er gar nicht. Den mögen wir alle gar nicht. Dagegen ist der unabsichtliche, unerzwungene, ja sogar von beiden Seiten freiwillige Beischlaf des Ödipus bei seiner Ehefrau Iokaste doch nun wirklich ein völlig unschuldiger Akt. Wegen einer Bagatelle sollte man sich nicht die Augen ausbrennen und seine Kinder nicht zu Halbwaisen machen. Doch was die ausgedachten Götter mit Folter bestrafen, ist anscheinend für sie keine Bagatelle. 

 

Inzest gilt aber noch heute bei den Katholiken als Todsünde und wird auch heute noch nach § 173 StBG streng bestraft – selbst bei Gebrauch der Antibabypille. Kein Jurist weiß jedoch warum. Der Strafgrund für Inzest sei umstritten. Inzest scheine jedoch ein tief liegendes „gesellschaftliches“ Tabu darzustellen, so unsere Juristen. Hier mogelt sich also unsere Religion heute noch fleißig in eine Wissenschaft, die als solche vernunftorientiert sein sollte. Ich habe den Antrag (über eine Staatsanwaltschaft) an unsere Justiz gestellt, sich spontan und freiwillig ergebende Liebesverhältnisse bei erwachsenen Verwandten zunächst unter der Auflage zu gestatten, im Fall des Falles Verhütung zu betreiben oder eine humangenetische Beratungsstelle aufzusuchen. Was Verbote und deren Übertretungen auf dem Gebiet des Inzestes bewirken, was für  kirchenbedingte Schäden sie bewirken, sagt der uns scharfe Beobachter Goethe in seiner Erzählung „Geschwisterliebe“: Suizid, Depression, Kindstod und natürlich Wahnsinn. Also bitte. Goethe erfasst als Genie und guter Beobachter, was unsere Psychiater und Analytiker aus lauter Angst verdrängen. All dieses schreckliche  Leid ist so völlig überflüssig und vermeidbar wie ein durch Jodmangel bedingter Kropf, wissen wir doch alle, dass Jesus nicht, wie es die Leitung meiner Kirche gerne darstellt, vom Krippenkind plötzlich zu einer rächenden Hitlerfigur mutiert, die nichts besseres vorhat, als Sünder und Ungläubige in Ewigkeit mit Feuer zu foltern. Die Mutter Maria hätte um einen solchen Sohn nicht geweint,  sie hätte sich für ihn schämen müssen. 

 

Gott ist eben keine Hitlerfigur. Das haben meine EKD und ihr Präses N. Schneider noch nicht so recht verinnerlicht.  


Freuds Kastrationsangst, also Angst vor dem Vater, ist analytisch Höllenangst, also Angst vor einem "Gott". Von denen hatte Freud vier. Vier zuviel.


Jetzt, lieber Leser, kommt ein Test für Sie. Ihre psychologische Intelligenz wird insofern getestet, ob Sie einfühlsamer bzw. weniger neurotisch sind als unsere Psychiater. Los geht´s: Ein sehr sittlich aufgewachsenes Kind schläft mit 4 Jahren im Bett seiner „schöne“ Amme, schreibt uns der Analytiker und Zeitgenosse Freuds, Karl Abraham, im Psychoanalytische Studien II. Er streift ihr das Hemd hoch und legt seien Körper an ihr Gesäß. Mit 7 Jahren wiederholt er Ähnliches öfters bei seiner Mutter. „Derartige Handlungen von inzestuösem Charakter pflegen“, so Abraham, „zu den schwersten Selbstvorwürfen... und Sühneaktionen zu führen.“ Es schließt sich „unmittelbar“ ein 40-jähriges Leiden mit Zwang zum ständigen Beten und zum „Grübeln über religiöse“ Fragen an. Seinen Beruf kann er nicht mehr ausüben. Ständig musste ihn seine Ehefrau begleiten. Über den Inhalt der Gebete erfahren wir eigenartiger Weise nichts von Abraham.  War deren wahrscheinlicher Inhalt, so meine Frage an Sie, lieber Leser, die Bitte an Gott, der Vater möge das Kind nicht wegen des Inzestwunsches kastrieren oder dergestalt, Gott möge dem Kind verzeihen und es später nicht in seiner ewigen Folterhölle unterbringen? Ist Ihrer Meinung nach also die Ödipussage so zu deuten, wie Freud es unternahm (Kastrationsangst sei die größte Angst des Menschen), oder wie ich es tue (Höllenangst ist die größte Angst des Menschen)? Warum schreibt Abraham nichts von Hölle, von der Höllenangst seines Patienten, nichts von den Inhalten der Gebete? Fehlt ihm das transzendentale Denken ebenso wie unseren heutigen Psychiatern (Ausnahmen)? Hat er selbst ein Problem mit der Hölle? Meines Erachtens ist die Geistlichkeit Schuld am furchtbaren Leiden dieses Patienten. Sind Sie anderer Meinung? War es etwa  doch der Herr Papa mit dem Messerchen in der Hand? Wo Papa  doch weiß, er darf es gar nicht benutzen! Das viele Blut  würde doch im Kindergarten gleich auffallen.

 

Kein Gott ist so verrückt, ein siebenjähriges Kind wegen harmloser kindlicher, spielerischer Sexualität in einer ewigen Hölle zu foltern, aus der es niemals ein Entrinnen gibt, wo  "von  Ewigkeit zu Ewigkeit" gefoltert wird, wie es in der Offenbarung des Johannes steht. Verrückt bzw. rabiat sind die, die dies unseren Kindern einreden. Eine Ewigkeit war dem rachsüchtigen Sadisten Johannes in der Bibel, dem nach Friedrich dem Großen "orientalischen Märchenbuch",  also noch viel  zu wenig. Jeder wirkliche Gott ist im Gegenteil so vernünftig und weiß:  Kinder sind  bis zum 14. Lebensjahr nach dem Gesetz schuld- und damit aus gleichem Grunde auch der zu bestrafenden Sünde unfähig. Warum machen unsere Kirchen nur derartige Angst? Drohen mit Höllenqual (heute besser: Höllenfolter) ist nach § 241 StGB (Bedrohung) problematisch, nach der Europäischen Menschenrechtskonvention und dem Art. 1 GG sogar strengstens untersagt. Ja Drohung mit Feuerfolter ist sogar international geächtet (§7 Völkerstrafgesetzbuch). Religion soll doch gesund machen und nicht die Wartezimmer unserer Psychiater mit Schwerstkranken und medikamentös Zugedröhnten überfüllen. Auch die vernunftgesteuerte Staatsanwaltschaft Hannover schreibt mir über dieses Thema am 28. 9. 2009 sinngemäß, schon die Weimarer Reichsverfassung habe die Kirchen in die „Schranken“ verwiesen, sich den „für alle geltenden“ Gesetze unterzuordnen. Warum riskieren also unsere Geistlichen also harte Gefängnisstrafen? Welche Strafe steht heute auf die Verursachung eines ekklesiogenen Suizides vom  Iokaste-Typ?

Ein Patient sagte es mir am 12.12.2011: „Es geht um Geld, viel Geld.“ Höllenangst bringt Geld ein. Er sagte,  wie auch meine Schwester während ihres Theologiestudiums: „Die Hölle muss weg“. Der Vater dieses Patienten hatte eine starke ekklesiogene Alkoholsucht: Er war Sohn eines Missionars. Das bedeutet schon nahezu regelhaft eine Krankheit für die Kinder. Pastors Kinder und Müllers Vieh geraten selten oder nie. In diesem Sprichwort steckt einfach Wahrheit, hören doch diese Kinder sehr früh, regelmäßig und wenigstens im Wochenabstand von der Hölle. Wenn der Sohn verspätet zum Essen kam, gab es Schläge und eine meist versteckte Höllenandrohung. Alkohol war die Folge.  Alkohol wurde ihm zum rettenden Medikament. Mit so einer Drohung stellt man halt die bravsten und oft zusätzlich kränksten Kinder für unsere Drehtürpsychiatrie  her.

 

Unseren heutigen Psychiatern voraus hat Karl Abraham, wenn er die Schizophrenie (früher: Dementia praecox) mit einem Versündigungsgedanken assoziiert.  Der ist durch seine dahinter stehende Maximalangst Hölle sehr oft die Ursache sowohl einer Schizophrenie als auch eines Autismus. Der „Wahn“ mit einem sich Wähnen am Tor zur Hölle resultiert aus wahnsinniger, aber völlig überflüssiger kircheninduzierter und verdrängter Angst vor ewiger Folter. Natürlich ist „Versündigungswahn“ niemals Wahn, da sein Inhalt kirchlich und sogar schulisch im Religionsunterricht als Wahrheit oder Glaubensgewissheit gelehrt wird. Die Hölle ist Lehrstoff. Ich führe hiermit die Begriffe Versündigungsirrtum und Versündigungsirrglaube in die psychiatrische Nomenklatur ein. Denn was der Klerus als Sünde definiert, ist oft eine Lächerlichkeit und zur Not reicht dazu  ein Apfelbiss oder noch weniger als das: Erbschuld. Eine Schuld, die nach Helmut Schmidt ("Religionen in  der Verantwortung") natürlich nicht existent ist. Echter Wahn ist zum Beispiel ein Sehen von Mäusen ohne jede Anwesenheit von Mäusen und ohne den Zustand, den wir als Schlaf bzw. Traum bezeichnen.

 

Psychiater sprechen oft fälschlich und um das Wort Versündigungswahn vor Angehörigen zu meiden von „Versündigungsideen“, wenn ein Patient glaubt oder weiß, er habe gesündigt. Die Ärzte halten das, und manchmal schon das alleinige Sprechen über Religion,  in der Regel schon für einen Wahn. Solche „Wahnideen“ sind aber Gedanken und keine Ideen und schon gar nicht Einbildungen. Die Sünde ist als transzendierte, überhöhte Schuld, die nur göttlich oder kirchlich vergeben werden könne, eine Idee der Kirche und diese hält sie im Ausmaß ja geradezu winzig klein. Die Idee, Evas Apfelbiss zu einem furchtbaren Delikt zu machen, ist von der Geistlichkeit konstruiert worden  und als Idee nicht vom Erkrankten ausgedacht. Sie löst geradezu einen pathologischen Amoklauf "Gottes" aus, der gleich die erste Trotzphase seines Kindes Eva mit Maximalgewalt bestraft.

 

Die Idee „Hölle“ stammt ebenfalls nicht vom Erkrankten. Der macht sich nur Gedanken über eine furchtbare Idee, die furchtbarste, aber pekuniär einträglichste Idee dieser Welt. Die Kirche mit ihrer Erfindung  Hölle sei die bisher "beste Geschäftsidee". Das sagt die Kirche von sich selbst im Blatt idea Spectrum! Der wirkliche Gott wäre nie derart kleinlich mit seinen Äpfeln.  Er käme auch nie auf die Idee einer Feuerhölle. Ich tröste und belehre meine schwerkranken Patienten immer so: "Gott hat noch alle Tassen im Schrank".  Und Gott weiß: Vererbte Schuld gibt es nicht und es hat sie nie gegeben.  Die mittelalterliche Finanz - Idee Hölle ist im Gegenteil eine Sünde wider den Heiligen Geist, der  die bedingungslose Liebe ist und ja nach dem Konzil zu Nicäa ein Wesen mit Gott und Jesus.  "Drei Personen, ein Wesen", so das Dogma bis heute. Gott darf man ein solches KZ, als das der Schweizer Hürlimann  die Idee Hölle sehr treffend betitelt, als Gedanken und natürlich Straftat (es geht immerhin um Folter!) nicht unterschieben.

Mehr über dieses Thema steht im kostenfreien Hauptbuch: Das Sacco-Syndrom.

 

Aber weiter geht´s über dieses Thema im nächsten, ebenso wichtigen Kapitel.  Es befasst sich  mit der Deutung der Prometheus Sage. Es wird jetzt spannend. Endlich wird es spannend. 

 

Die moderne Deutung der Prometheussage >